Regenbogenschlangen sind mächtige Ahnenwesen
Im Mittelpunkt der Traumzeitgeschichte der Regenbogenschlange steht die zentrale Figur – die Regenbogenschlange. Dieses mächtige Wesen, das oft als kolossale und lebhafte Schlange dargestellt wird, verkörpert die kreative Lebenskraft, die die Welt geformt hat. In der Traumzeit durchstreifte die Regenbogenschlange das Land, ihr gewaltiger Körper formte Flüsse, schuf Wasserlöcher, formte Landschaften und hauchte Pflanzen, Tieren und Menschen Leben ein und bereitete so die Bühne für das komplexe Netz der Existenz.
L Wanampi Tjukurpa – Die Schöpfungsgeschichte der mythischen Regenbogenschlange, 2009, Tiger Palpatja
R Garimala (Die zwei Schlangen) 1988, Ginger Riley Munduwalawala
Die Traumzeitgeschichte der Regenbogenschlange hat für viele Ureinwohner, insbesondere für jene, die in Wüstengebieten leben, eine tiefe spirituelle Bedeutung. Man glaubt, dass dieses rätselhafte Wesen in Wasserlöchern lebt und das Reich unter der Erde oder zwischen Gewitterwolken durchquert. Es hat Einfluss auf den Niederschlag und bestimmt das Schicksal von Gemeinschaften, indem es lebenswichtigen Niederschlag spendet oder zurückhält. So wurde die Regenbogenschlange zu einem Symbol der Fruchtbarkeit, des Überflusses und der Verbundenheit aller Lebewesen.
Die Regenbogenschlange besitzt außergewöhnliche Macht und kann stürmische Stürme, heftige Orkane und sintflutartige Regenfälle heraufbeschwören. Wer sich ihr nicht mit der gebotenen Ehrerbietung nähert, riskiert ihre rasche Vergeltung. Als Wächterin des Wassers herrscht sie über Leben und Tod in den dürren Weiten der Wüste. Im Arnhemland im Northern Territory verkörpert die Regenbogenschlange Wohlstand und Fruchtbarkeit, sowohl in der Natur als auch in der menschlichen Gesellschaft. Sie besitzt die Autorität, Wasserlöchern Empfängnisgeister zu verleihen und gleichzeitig Übertreter uralter Sitten und Gesetze zu strafen.
Für die Aborigines ist es ein Akt tiefer Ehrerbietung, sich einer Wasserstelle zu nähern. Die Regenbogenschlange wird nicht nur als Gestalterin der physischen Welt verehrt, sondern auch als spiritueller Wächter. Die Aborigines haben großen Respekt vor diesem uralten Wesen und erkennen seine anhaltende Präsenz im Land an. Die Aborigines glauben, dass der Geist der Regenbogenschlange die natürliche Umwelt und ihre Bewohner weiterhin leitet und schützt. Durch Rituale, Zeremonien und Respekt für heilige Stätten pflegen die Aborigines eine harmonische Beziehung zur Regenbogenschlange und erfüllen ihre Verantwortung als Hüter des Landes.
Die Regenbogenschlange, die in der Kuninjku-Sprache des Arnhemlandes als Ngalyod bekannt ist, pflegt eine symbiotische Beziehung zu Wasserquellen wie Bächen und Flüssen. Ihr Einfluss erstreckt sich auch auf das Gedeihen der Wasserflora, darunter leuchtende Seerosen, sich windende Reben und elegante Palmen. Das Abwerfen ihrer Haut symbolisiert die Essenz der Erneuerung und die Fähigkeit, den ewigen Kreislauf des Lebens zu erneuern. Mythologische Berichte über die Regenbogenschlange stellen oft eine furchterregende Kreatur dar, die Menschen verzehrt, nur um sie verwandelt wieder freizulassen, ein Beweis für ihre Regenerationsfähigkeit.
Die Traumzeitgeschichte der Regenbogenschlange hat in den Aborigine-Gemeinschaften eine tiefe Symbolik und kulturelle Bedeutung. Ihre Erzählung dient als didaktisches Hilfsmittel, um jüngeren Generationen moralische Lehren, ökologische Weisheit und das Erbe der Vorfahren zu vermitteln. Sie unterstreicht die Bedeutung der Wahrung von Gleichgewicht, Harmonie und Respekt für die natürliche Welt und vermittelt ein tiefes Gefühl der Zugehörigkeit und Verbundenheit mit dem Land und seinen spirituellen Kräften.
L Ohne Titel (Regenbogenschlange), Rover Thomas, ca. 1986
R Ngalyod – die Regenbogenschlange, Jimmy Njiminjuma, ca. 1985
Die Regenbogenschlange nimmt in den verschiedenen Sprachen und Gemeinschaften der Aborigines eine Vielzahl von Namen und Totemformen an. Eingebettet in die Erzählungen von Träumen und Schöpfung setzt sie ihre autoritäre Herrschaft über die menschliche Existenz fort. Mit der Regenbogenschlange verbundene heilige Stätten gebieten in den Aborigine-Gemeinden unerschütterliche Ehrerbietung und Fürsorge. Die Einhaltung vorgeschriebener Protokolle an diesen Stätten ist zwingend erforderlich, da Verstöße Leiden, Unfälle und stürmische Naturgewalten hervorrufen sollen. Es gibt jedoch Stätten der Regenbogenschlange, an denen Menschen ohne Bedenken jagen, fischen und schwimmen können.
Der Reiz der Traumzeitgeschichte der Regenbogenschlange hat die mündliche Überlieferung überdauert und findet Ausdruck in verschiedenen Formen der Aborigine-Kunst. Aborigine-Künstler fangen die leuchtenden Farben und die gewundene Form der Regenbogenschlange gekonnt auf Leinwänden, Rindenmalereien und Felskunst ein. Diese eindrucksvollen Darstellungen vermitteln nicht nur die Schönheit der Erzählung, sondern dienen auch als Mittel zur Bewahrung der Kultur und als Möglichkeit, die spirituelle Bedeutung der Regenbogenschlange mit der Welt zu teilen.
Um die Traumzeitgeschichte der Regenbogenschlange und die Künstler, die sie gemalt haben, wertschätzen zu können, ist es wichtig, ihr mit Respekt, Verständnis und kultureller Sensibilität zu begegnen. Die Ureinwohnergemeinschaften haben diese Erzählungen seit Tausenden von Jahren bewahrt. Indem wir uns an einem sinnvollen Dialog beteiligen, indigene Künstler unterstützen und die kulturelle Wertschätzung aktiv fördern, können wir zur Erhaltung und Feier dieser unschätzbaren Traditionen beitragen.
Die Traumzeitgeschichte der Regenbogenschlange lädt uns in ein Reich tiefer Schönheit, Weisheit und Verbundenheit ein. Sie enthüllt das überlieferte Wissen, die spirituellen Überzeugungen und die ökologische Harmonie, die die Kulturen der australischen Ureinwohner seit Jahrtausenden geprägt haben. Wenn wir die Bedeutung dieser Erzählung annehmen, haben wir die Möglichkeit, unser Verständnis der vielfältigen Welt um uns herum zu vertiefen und bedeutungsvolle Verbindungen mit dem Land, seinen Bewohnern und der beständigen Weisheit der Traumzeit aufzubauen.